Donnerstag, 12. Mai 2016

Mollusken, Punks und Seeungeheuer | Ausflug ins Zoologische Museum Hamburg


Natur ist ätzend. Mückenstiche, Regenwetter, Pollenflug, Krabbeltierchen - ihr kennt das. Zum Glück kann man sich als Städter Natur auch in geschlossenen Räumen angucken. Im Zoologischen Museum zum Beispiel. Dort gibt es allerhand allergikerfreundliche Exponate in allen Formen und Farben - vom ausgestopften Walross bis zum eingelegten Zitteraal. Ein Grund für die LLHC-Redation mit der Gang einen Abstecher zu diesem Ort, an dem der Mensch noch Herr über die Natur ist zu wagen...

Als wir an diesem verregneten Sonntag vor den Toren des Museums stehen, erfahre ich zwei Dinge, die den Laden direkt ultra sympatisch machen: a) der Eintritt ist frei und b) gibt es im Museum Wal-Skelette zu sehen. Echte. In groß. Wie geil is das denn? Wir stürmen also voller Erwartung das Gebäude und stehen nach Betreten der Eingangshalle direkt vor einem ziemlich imposanten Walskelett. Genauer gesagt ist es der Kopf eines ansehnlichen Grauwals. Das ist schon mal n guter Anheizer.

der Kopf eines Grauwals
Im ersten Raum des Museums stehen dann eine ganze Menge ausgestopfter Säugetiere herum. M. High braucht nicht lang um den humoristischen Wert des in bedrohlicher Pose verewigten Braunbärs zu erkennen und lässt sich auf wunderbare Weise ablichten. Eines unserer Trouble-Girls ergänzt das Bild nicht minder gekonnt. Mal wieder freue ich mich über unsere zweifelsohne besonders asoziale Art der Rezeption von Kulturgütern und denke verzückt: "Der Hass des Museumswärters ist uns sicher." Wir schlendern an allerhand seltsam konservierten Vögeln vorbei, bis wir schließlich vor einem doch recht großem Walross stehen bleiben. Wie das Schild verrät handelt es sich tatsächlich um die ausgestopfte "Antje", das ehemalige Wahrzeichen des norddeutschen Rundfunks. Ein Hauch von Nostalgie liegt im Raum und mischt sich mit einem gewissen Ekel. Fangen wir jetzt echt an, alles auszustopfen und in Museen auszustellen, was mal im Fernsehen war? Ich hoffe nicht. Niemand will Thomas Gottschalk länger sehen als nötig.

Antje. Nein, nicht die mit dem Käse...
Ich werde aus den Gedanken gerissen als M. High vollkommen aufgelöst auf mich zu kommt, am Arm packt und ein paar Meter weiter zu einem riesigen, skeletierten Tierkopf schleift. "Da, guck! Das haben wir getan!", schreit er mich an. In seinem Gesicht mischen sich Wut, Trauer und Verzweiflung. Auf dem Boden liegt der Kopf eines Blauwals. Ein riesen Ding. Davor steht ein Schild auf dem sinngemäß folgendes geschrieben steht: "Der Blauwal ist das größte Lebewesen, dass jemals auf der Welt existiert hat. Derzeit wird der Bestand auf <hier eine erschreckend niedrige Zahl einsetzen> Tiere geschätzt. Auf kurz oder lang wird diese Spezies sehr wahrscheinlich aussterben, da die Tiere über alle Weltmeere verstreut leben und sehr große Probleme haben, sich zur Paarung zusammen zu finden. Der Hauptgrund für den Rückgang des Bestands ist die intensive Bejagung durch den Menschen." Ich wische mir eine Träne aus den Augen und widerstehe der Versuchung mich in M. Highs Arme zu werfen und hemmungslos zu heulen. Stattdessen trete ich direkt in Phase 2 des Trauerprozesses ein und fange an über die Einfältigkeit, Ignoranz und Abartigkeit der Menschheit zu fluchen.

Okay, okay...wir gehen ja schon weiter...
Wir gehen weiter und kommen an einigen Skeletten von Orka-Walen vorbei. Meine Sozialisation macht er mir unmöglich nicht an Michael Jackson und Free Willy zu denken, was meine Laune erheblich verbessert. Tatsächlich bin ich auch hier von der Größe der Skelette beeindruckt. Ich erfahre, dass das Museum bis zum 2. Weltkrieg auch im Besitz eines Pottwals war, der jedoch bei der Bombadierung der Stadt vernichtet wurde. Naja, der Kampf gegen den Faschismus hat eben auch Opfer gefordert...

Orca-Skelett
Im nächsten Bereich des Museums dreht sich alles um Mollusken - alle möglichen Weichtiere wie Muscheln und Schnecken. Grund genug wieder ein hochgradig seriöses Foto zu machen. Cool sind besonders die zahlreichen Fossile. Mit diesem Bereich verbunden ist auch der Bereich "Fische". Zu sehen gibt es alle möglichen heimischen Fische, ein paar exotische Viecher sind aber auch dabei. Etwas creepy, aber unterhaltsam sind die Gläser mit den in Formaldehyd konservierten Fischen.

Eines meiner persönlichen Highlights ist der anthropologische Teil der Ausstellung. Einige der Exponate stammen aus sehr frühen Afrika-Expeditionen und sind so herrlich daneben, dass bei mir sofort der Stromberg-Effekt einsetzt. Ein Bildband namens "Wilde in Afrika" - oder so ähnlich - ist beispielsweise so unfassbar rassistisch, dass ich mich massiv fremdschäme. Gleichzeitig bin ich aber auch extrem belustig von der Ernsthaftigkeit mit der hier "die Wilden" und "primitiven Völker Afrikas" beschrieben werden. Und dazu noch die Bilder....uiuiui.

Gute Titelwahl, Hans...

Ja, ich sehe auch Parallelen...
Fazit: Für umme bietet das zoologische Museum Hamburg wirklich einiges zu sehen. Ich empfehle euch mind. 2-3 Stunden Zeit mitzubringen, denn wenn ihr nicht wie wir nur zum Glotzen und blöde Bilder machen anreist, sondern etwas über Arten, Spezies und Gattungen lernen wollt, braucht ihr definitiv etwas länger.

Unterhaltungsfaktor: 7 von 10
Kategorie: High Culture
Eintritt: kostenlos
Infos: http://www.hamburg.de/museen-kunst-ausstellungen/museen/258820/zoologisches-museum/

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